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Coverstory: Hubert von Goisern

Meister der Mundart

Exzentriker der Musikszene: Der Österreicher hat mit seinem aussagekräftigen aktuellen Album "ENTWEDERundODER" wieder die Nase vorne.

Bei den heurigen "Amadeus Austrian Music Awards" war einer ganz vorne dabei: Hubert von Goisern. Sein aktuelles Album "ENTWEDERundODER" steht auch für den Weg des Künstlers, den er stets auf seine ganz eigene Art und Weise konsequent verfolgte – Grund genug für einen kurzen Rückblick auf die Karriere des Ausnahmetalents, das 2012 seinen sechzigsten Geburtstag feiert: Der Sänger, mit bürgerlichem Namen Hubert Achleitner, wurde 1952 in Bad Goisern geboren. Die musikalischen Ambitionen zeigten sich bereits früh. Im Alter von fünf Jahren erklärte er seinen Eltern, er wolle Dirigent werden. Mit Zwölf trat er bei der örtlichen Blaskapelle ein. Dort bekam er als Leihgabe sein erstes Instrument – eine Trompete – und kostenlosen Unterricht. Mit 16 Jahren spielte er bereits die erste Trompete im Orchester. Meinungsverschiedenheiten mit dem Kapellmeister bezüglich des Repertoires und Huberts damals schulterlange Haare führten drei Jahre später zum Rauswurf. Ohne die Leihtrompete griff er als nächstes zur Gitarre und brachte sich das Spielen selbst bei. Es folgten die Gründung einer Band und erste Eigenkompositionen.

Sieben Jahre Wanderschaft durch das südliche Afrika, Kanada und Asien prägten den Jungen aus dem Salzkammergut. Im Jahr 1983 kehrte er nach Österreich zurück und absolvierte sein Studium an der Musikhochschule Wien. Mit Gründung der Alpinkatzen, mit denen er die alpine Volksmusik in einen völlig neuen, rockigen Zusammenhang stellte, kam 1992 der musikalische Durchbruch. Mit den Liedern "Heast as nit", "Weit, weit weg" und vor allem "Koa Hiatamadl" erregte er öffentliches Interesse. Von Goisern gilt als Erfinder des sogenannten Alpenrocks und als Vertreter der "Neuen Volksmusik". Seither setzte er zahlreiche musikalische Projekte im Spannungsfeld zwischen Welt- und Volksmusik, sowie zwischen Tradition und Moderne durch. Seine Tourneen und musikalischen Reisen führten ihn quer durch Europa, die USA, in den arabischen Raum, nach Tibet und mehrmals auch nach Afrika. Darüber hinaus entwarf er Mode, wirkte als Schauspieler an Filmprojekten mit, schrieb Filmmusik, unter anderem für Joseph Vilsmaiers Literaturverfilmung "Schlafes Bruder", und ist nicht zuletzt ein Mann der klaren Worte, wenn es um politische, soziale und ökologische Fragen geht. Abseits des Mainstreams führten Huberts Reisen quer über den Globus: 1996 präsentierte er etwa eine Österreich-Tournee des Tibetischen Instituts für darstellende Künste. Diese Begegnung weckte sein Interesse für die Situation des tibetischen Volkes und er bereiste das Land zusammen mit der Exil-Tibeterin Tseten Peldon Zöchbauer. Von Goisern kehrte erschüttert von der Unfreiheit der Tibeter und der Willkür der chinesischen Besatzung nach Europa zurück, mit dem Wunsch, dem Erlebten einen musikalischen Ausdruck zu verleihen. Bei einer Audienz mit Seiner Heiligkeit, dem Dalai Lama, bekam er den Segen und die Erlaubnis, dieses Vorhaben mit Künstlern des TIPA umzusetzen. Das Resultat war das Album "Inexil". Eine außergewöhnliche Aktion stellte auch seine dreijährige Tour mit einem Frachtschiff dar, das er zu einer schwimmenden Festivalbühne umbauen ließ, und mit dem er von Linz aus über die Donau zum Schwarzen Meer und über den Rhein an die Nordsee fuhr. Über 100 Musiker aus zwölf Ländern nahmen daran teil. Das Logbuch dieser Reise wurde unter dem Titel "Stromlinien" veröffentlicht. Im Herbst 2011 führte Hubert von Goisern mit "Brenna tuats guat" fünf Wochen lang die österreichischen Single-Charts an und wurde mit Platin ausgezeichnet. Sein im Herbst erschienenes Album "ENTWEDERundODER" schaffte es in die österreichischen und deutschen Album-Charts. Der Silberling wurde mit Doppel-Platin ausgezeichnet. Mit einer kleinen Band und unveröffentlichten Liedern im Gepäck tourte Hubert von Goisern durch kleine österreichische Wirtshäuser und spielte ein zweitägiges Festival mit etlichen Gastmusikern in der Kaltenberg Arena. Heuer ist Hubert von Goisern auch auf großer Konzerttour durch Österreich, Deutschland und die Schweiz unterwegs. Wer ihn live erleben möchte, checkt seine aktuellen Termine im Internet.

Hubert von Goisern lebte vier Jahre lang als Chemielaborant in Afrika.

Seinen ganz eigenen Weg beschreitet Hubert von Goisern auch mit seinen Kommentaren zu aktuellen, auch politischen Ereignissen. Er gibt da und dort mit Vorliebe seine intellektuelle Meinung zu so Einigem dazu. Also warum nicht einmal den Weg beschreiten, den Künstler selbst sprechen zu lassen – der Text spricht für seine intellektuelle Weltanschauung, die weit über die Grenzen seiner Musik hinausgeht:

"Es gibt plausible Motive für eine Reise nach Grönland: die unfassbar eindrucksvolle, erhabene Natur oder die Kultur und Überlebenskunst der freundlichen Inuits, die es geschafft haben, die Grenzen der Zivilisation bis dorthin zu schieben. Es gibt auch gute Gründe für Partnerschaften mit den Einheimischen. Aber die alpine Schi-WM 2013 in Schladming ausgerechnet dort der  Weltöffentlichkeit präsentieren zu wollen, um Attribute wie: ´sauber´, ´grün´ und ´nachhaltig´ zu beschwören, geht auf keine Kuhhaut, nicht einmal auf die eines Ochsen. Das ist schlichtweg krank! Natürlich haben wir die CO2-Zertifikate für die Reise bezahlt. Das ist so, als würde man glauben, durch einen Strafzettel erkaufe man sich das Recht, sein Auto in der Fußgängerzone abzustellen. Und: Wer sind wir eigentlich? Auch wenn diese Untat keine ÖSV-Gelder beansprucht haben soll, sondern ausschließlich von Sponsoren finanziert wurde, hat es öffentliches Geld gekostet. Denn dass das alles von der Steuer abgesetzt wird, ist wohl auch klar. Erstaunt nehmen ´wir´ zur Kenntnis, dass sich neben zahlreichen verdienten Sportlerinnen und Sportlern auch C. L. Attersee nicht gescheut hat, diese Rudel-Reise zu unternehmen, und fassungslos sind ´wir´ über die Teilnahme von Monika Langthaler als Beraterin in Sachen Umweltverträglichkeit. Nein – Spaß beiseite. Wie eingangs gesagt: Grönland ist eine Reise wert. Fahren Sie hin, lassen Sie sich verzaubern von der Unberührtheit einer gewaltigen Natur, von der Großartigkeit der Schöpfung. Aber reisen Sie in kleinen Gruppen, am besten allein, und rechnen Sie – egal wer und was Sie sind – mit längeren wetterbedingten Verzögerungen bei der An- und Abreise. Und wenn Sie extra Gelder zur Verfügung haben: Nehmen Sie Kontakt mit den Inuits auf und fördern Sie Projekte, die den Kindern und Jugendlichen dort zu Gute kommen. Die zahlreichen internationalen Kampagnen, die Jagd der seit 5.000 Jahren ansässigen Ureinwohner zu ächten, haben gegriffen und den Inuits weitgehend die Lebensgrundlage entzogen. Mangels alternativer Möglichkeiten ist ein drastischer Anstieg von Suiziden die Folge. Hauptsächlich davon betroffen: Jugendliche zwischen 15 und 20 Jahren. Vielleicht hilft dem einen oder anderen, der es sich leisten kann, ja auch Schifahren bei der Lebensbewältigung … Und wenn die Amerikaner dort eine Militär-Basis haben können, warum dann nicht der ÖSV ein Sommertrainingslager? Was schließlich Schladming angeht: Waren sie schon einmal am Dachstein, Herr Schröcksnadel? Das ist jener Berg, den man vom Starthaus der Planai aus vor Augen hat. Auch da gibt’s Gletscher, die für ein Showrennen und eine Präsentation
einen spektakulären Hintergrund hätten bieten können. Wetterglück vorausgesetzt."

Fotos: © Martin Kucera, Konrad Fersterer, Eckhard Henkel

 

 

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