Coverstory: Hansi Hinterseer
"Zum Glück braucht‘s ned viel"
Im letzten Monat veröffentlichte Hansi Hinterseer mit "Bergsinfonie" sein neues Album und war anlässlich der Veröffentlichung auf österreichweiter Promo-Tour. Wir haben den Schlagerstar in Graz zum Interview getroffen und mit ihm über Weihnachten, die Berge, seine Musik und seinen Kultstatus gesprochen.
Er ist der blonde Engel aus Kitz, der Hahnenkamm-Sieger, der zum erfolgreichen Schlagerstar wurde, der Traum jeder Schwiegermutter, Publikumsliebling, der Strahlemann in Moonboots, Kultfigur und aus seiner eigenen Sicht einfach nur der Hansi. "Das ist doch alles den Medien und Journalisten geschuldet, die irgendwas zum Schreiben brauchen. Ich sehe mich jedenfalls nicht als Kultfigur", erzählt uns Hansi Hinterseer im ÖMM-Interview. "Ich habe meine Sache immer so gemacht wie ich es spüre und fühle und habe mir da nie reinquatschen lassen. Und dann ist da einer, der sein Ding einfach durchzieht und plötzlich ist es Kult. Wenn ich beispielsweise an meine Fellstiefel denke, die in den Siebzigern total angesagt waren und dann wieder völlig verschwunden sind. Als ich mit meiner Musik angefangen habe, hatte ich auch viele Auftritte im Winter. Durch Zufall ist mir im Schrank ein Paar Stiefel untergekommen und ich dachte mir nur: die sind warm, also ziehst sie an. Dann hat anfangs jeder gelacht und mittlerweile sind sie halt Kult."
Überraschend demütig sitzt uns Hansi Hinterseer beim Interview gegenüber, von Starallüren kann bei dem Sänger keine Rede sein und auch gekünstelt wirkt bei ihm nichts. Eigentlich hatte er in den ersten paar Sätzen des Gesprächs bereits alles gesagt, seine ganze Karriere und sein Erfolgsrezept erklärt. Hansi Hinterseer hört auf seinen Bauch und handelt stets nach Gefühl. Dass er mit seinen 62 Jahren heute nach wie vor Interviews gibt und nicht nur auf eine erfolgreiche Skifahrer-Karriere, sondern auch auf mehr als zwanzig Jahre in der Musikbranche zurückblicken kann, war weder geplant noch hätte er davon zu träumen gewagt. "Das hätte sich damals keiner vorstellen können. Meine ganze Musikkarriere ist aus einer lustigen Idee heraus entstanden, der Produzent hatte sich damals vielleicht etwas erhofft, aber dass sich das in solche Bahnen entwickelt, hätte wahrscheinlich nicht mal er erwartet. Ich war zur richtigen Zeit, mit dem richtigen Produkt, mit meinem Namen am richtigen Ort. Es hat einfach gepasst und ich habe aus der Chance, die ich gekriegt habe, das Bestmögliche gemacht. Es gab danach ja genügend andere Sportler, die es versucht haben und bei denen es nicht so aufgegangen ist", erzählt Hansi Hinterseer. Warum es gerade bei dem Tiroler funktioniert hat, könne er sich auch selbst nicht erklären, allerdings müsse man ja auch nicht alles hinterfragen. Bei seinen legendären Fanwanderungen sei es nicht anders gewesen, es habe einfach funktioniert. "Die Fanwanderung war ja nicht meine Erfindung, das gab es davor auch schon, aber bei mir hatte sich das in Bahnen entwickelt, die einfach unglaublich waren. Bei der letzten Fanwanderung vor fünf Jahren waren 12.000 Leute dabei. Ich bin stolz darauf, dass sich das ohne Werbung so entwickelt hat. Es war immer friedlich, es ist nie was passiert, wir hatten immer schönes Wetter, das war eigentlich auch nicht normal. Leider ist‘s nicht mehr, aber es waren zehn schöne Jahre, in denen wir gefeiert haben. Wer einmal mit dabei war, wird‘s vermutlich niemals vergessen."
"Weihnachten ist bei uns sehr gemütlich, ganz einfach. Keine großen Geschenke,
ein paar Aufmerksamkeiten, aber nicht, dass eine Kaufwut entsteht."
Wie die Produktion seines neuen Albums "Bergsinfonie" abgelaufen ist, können Sie sich also vermutlich auch schon denken: Richtig, Bauchgefühl. "Ich kriege unzählige Demoband‘ln zugeschickt, die muss ich mir dann anhören, mich hineinfühlen und überlegen, ob die jeweiligen Lieder etwas für mich sind. Oft sind Lieder dabei, die mir unglaublich gut gefallen, aber wo ich einfach weiß, dass sie nicht zu mir passen. Ich verlasse mich da ziemlich stark auf meine Intuition. Es sind alles Lieder, die ich gern habe und von denen ich der Meinung bin, dass sie zu mir passen und ich sie gut präsentieren kann und sie meine Fans gerne haben", so Hansi Hinterseer. "Volkslieder oder Schlager, wie immer man das auch bezeichnen will. Für mich hat das keine große Bedeutung wie man meine Musik jetzt bezeichnet. Das einzige, das all meine CDs gemeinsam haben, ist, dass sie thematisch bergbezogen sind." Da ist auch schon das nächste Klischee, das eigentlich keines ist: Naturbursche Hansi Hinterseer. Der gebürtige Kitzbüheler liebt die Berge einfach. "Ich bin da aufgewachsen und bin froh, dass ich da leben kann. Durchs Skifahren bin ich auf der ganzen Welt herumgekommen, habe alles gesehen in meinem Leben. Ich hätte damals auch viele Möglichkeiten gehabt, in Amerika zu bleiben. Während meiner Skifahrerzeit habe ich in Los Angeles viele coole Leut‘ kennengelernt, bei der Oscarpreisverleihung bin ich in der ersten Reihe gehuckt, aber das war und ist nicht meine Welt, da fühle ich mich daheim viel wohler." Da ist er also wieder der demütige Hansi, der sich unter freiem Sternenhimmel wohler fühlt, als unter Hollywood-Sternchen. Warum heutzutage jeder aus Österreich weg will, könne der 62-Jährige nicht nachvollziehen. "Wir haben in Österreich neun wunderschöne Bundesländer, jedes mit seinen Eigenheiten. Wir sind eigentlich ein Wahnsinnsland‘l. Zum persönlichen Glück braucht‘s ned viel, man müsste nur einmal vor der eigenen Haustür die Augen aufmachen und schon ginge es einem besser."
"Ich werde oft damit konfrontiert, dass Leute sagen: ‚Ihr mit der Volksmusik und eurer heilen Welt.‘ Ich empfinde es so: Eine heile Welt gibt es nicht mehr, aber gerade deshalb tut es manchmal so gut ins Gebirge zu gehen. Dort spürt man dann die Kraft und Stärke der Berge, die Ruhe, wenn man alleine am Gipfel steht. Wer jetzt sagt, dass das nur Einbildung ist und meine Albumcover kitschig sind, der war noch nie dort. Die Berge sind so und wenn man da oben steht, dann tut es einfach gut im Herzen drin. Das ist keine heile Welt, sondern eine heilende Welt", erzählt uns der Schlagerstar voller Leidenschaft und Inbrunst. Dass Weihnachtenbei den Hinterseers demnach auch sehr ruhig und traditionell gefeiert wird, wundert uns nach den zwanzig vergangenen Interviewminuten nicht mehr. "Wenn wir wieder einmal einen g‘scheiten Winter kriegen würden, wäre das für mich schon ein großes Geschenk. Wenn‘s geht, gehe ich daheim jeden Tag gleich in der Früh Skifahren, das bedeutet für mich Glück und Freiheit. Weihnachten ist ansonsten sehr gemütlich, ganz einfach. Keine großen Geschenke, ein paar Aufmerksamkeiten, aber nicht, dass eine Kaufwut entsteht. Ich genieße einfach die stade Zeit und versuche, dass auch unseren Kindern so weiterzugeben." Bleibt zum Abschluss eigentlich nur eine Frage und zwar die nach dem Karriereende. Hansi Hinterseer grinst übers ganze Gesicht. "Wollen Sie mich nicht mehr? Ist es Zeit, dass ich gehe", lacht er kurz und erzählt danach ein letztes Mal von seinem Bauchgefühl. "Ich glaube, man spürt das selbst. Ich habe kein Problem damit aufzuhören. Ich werde noch ein paar Jahr‘ln machen und es dann bleiben lassen. Aber derzeit bin ich noch voll dabei, hundertprozentig dahinter, ich hab noch a Gaudi, aber ich bin keiner, der auf Zwang die Karriere aufrechterhalten muss. Ich werde es euch bestimmt wissen lassen, wenn es soweit ist."
Fotos: © Michael Werlberger